Der Lauf
Die ersten Zehn:
Es dauerte nur 3 Minuten und schon war ich nach dem
Startschuss über die Startlinie auf die Strecke
geschwebt. Mitten im Starterblock C fühlte ich mich vor
dem Start an der richtigen Stelle. Jetzt musste ich aber
ständig überholen. Ich blieb hinter meinem gewollten
Tempo zurück. Aber der Puls war sowieso viel zu hoch ....
Gänsehaut:
Kaum auf der Strecke, war es auch schon da. Das
Gänsehaut-Feeling. Vor und hinter mir auf der breiten
Strasse endlos viele Frauen und Männer, die von den
vielen Zuschauern beklatscht und angetrieben sich auf
den Weg durch das Ruhrgebiet machten.
Bergab:
Auf dem 3. Kilometer ging es schon mal ein Stück bergab.
So konnte ich hier fast eine halbe Minute wieder Zeit
aufholen. Der Puls pendelte sich bei etwas mehr als 140
ein. Damit war ich wieder zufrieden mit mir.
Die zweiten Zehn:
Das Überholen hatte aufgehört. Puls bei 146. Ich suchte
Hilfe. Jemand, der das Tempo anscheinend leicht halten
konnte: Kurz vor mir lief ein Mädel der
Frauenhauptklasse, die wie eine Maschine sehr konstant
und locker dahinsurrte. Dabei wog diese Maschine
schätzungsweise nur 60kg. Sie fiel besonders wegen ihrer
Bekleidung auf: Ein schwarzes Top und ein sehr, sehr
kurzes graues Höschen, so dass viel Bein und Hüfte frei
zugänglich war. Das währ mir aber viel zu kalt. Wenn da
mal ein Regenschauer kommt...
Egal, mir war
es recht. Das Tempo konnte ich geradeso mitmachen. Nach
dem ersten Drittel stieg mein Puls auf über 150. Kein
gutes Zeichen. Die gelaufene Strecke noch zweimal
laufen. Ich konnte mir nur noch schwer vorstellen, das
Marathon-Ziel zu schaffen. Aber ich wusste es auch schon
vorher: 14 Tage Abstand zwischen Marathons sind zu
wenig...
Trennung:
Ab dem 18. km kamen uns viele Läuferinnen und Läufer auf
der rechten Straßenseite entgegen. Ich begriff erst sehr
spät: Marathonis und Halbmarathonis wurden bei km 20 in Herne getrennt.
Die Halbmarathonis liefen die Straße wieder zurück bis
ins Halbmarathon-Ziel.
Die dritten Zehn:
Der Puls ist kaum merklich gestiegen. Ich kann das Tempo
meiner Tempomacherin noch so gerade halten. Das leichte
Bergauf und Bergab hat zur Folge, das ich mal vorne weg
bin, dann sie wieder nach vorne kommt. Es macht mir
großen Spaß, in die Gesichter der Zuschauer zu sehen,
die meine Tempomacherin aufgrund ihrer Kleidung
besonders mustern.
Kristina
Maria: Ich hörte diesen Namen immer wieder aus der
Zuschauermenge heraus. Meine Tempomacherin wurde so
angefeuert um auch nicht auf den letzten Kilometern
nachzulassen.
Basica:
Mehrmals gab es dieses isotonische Getränk an der
Strecke. Es war ein Fehler, das ich es auch
mehrmals zu mir nahm. Ich bekam Magenschmerzen. Wäre ich
mal beim Wasser geblieben. Das hat mit bisher immer am
besten getan. Innen wie außen zum kühlen.
Siegfried: Jetzt
wurde auch ich immer mehr angetrieben: "Siegfried!", "Siggi!", "Siegfried, halt durch!". Ob klein, ob groß, ob alt, ob jung,
ob Mann, ob Frau, immer mehr Zuschauer wollten uns auf
den letzten Kilometern noch irgendwie helfen.
Die vierten Zehn:
Bei km 35 musste ich meine Tempomacherin ziehen lassen.
Jeden Kilometer lief ich nun 1 bis 2 Minuten langsamer.
Zwischendurch kamen sehr kurze Krämpfe in der rechten
Wade auf. Ich musste immer wieder Gehpausen einlegen.
Immer, wenn es mal nicht ging, waren die Anfeuerungsrufe besonders stark. Mit näher kommendem Ziel verschwanden wenigstens die Magenschmerzen. Der Kopf wurde wieder klarer. Ich
erkannte Ute am Straßenrand und konnte ihr kurz die Hand
reichen. Ich konnte allerdings nicht mehr locker in die
Kamera blicken...
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