Wie alles begann
Es gibt verschiedene Lesarten der
Geschichte, schließlich liegt sie fast 2500 Jahre
zurück.
Die häufigste Version der Legende geht
so: Ein Bote namens Pheidippides (auch Diomedon genannt)
rennt anno 490 vor Christus in voller Rüstung 40
Kilometer vom Schlachtfeld bei Marathon nach Athen, um
vom Sieg der Griechen über die Perser zu künden. Dort
bricht er zusammen und stirbt: Womit der erste Marathon
auch gleich sein erstes Opfer gefordert hätte.
Das tragische Ende mag auch damit
zusammenhängen, dass der wackere Sportsmann (wie andere
Quellen behaupten) zu diesem Zeitpunkt bereits 492
Kilometer - einmal Sparta und retour - in den Knochen
hatte. In Sparta sollte der Ultra-Mann demnach
militärischen Beistand erbitten - und das vergeblich! Am
Ende siegten die Griechen aus eigener Kraft.
Festzuhalten bleibt: Beim Langlauf ist
ein luftiger Sportdress dem hinderlichen Harnisch
allemal vorzuziehen.
Wein, Wein, nur du allein
Der erste Marathon der Neuzeit steigt bei
den Olympischen Spielen am 10. April 1896 in Athen. 25
Läufer gehen bei glühender Hitze an den Start. Lange
liegt der Franzose Lermusiaux vorn - bis er entkräftet
aufgibt. Auch ein kleiner Mann namens Spiridon Louis,
der im Mittelfeld trabt, fühlt sich müde. Also kehrt der
gelernte Ziegenhirt ins Wirtshaus ein und lässt sich ein
Viertel Landwein munden. Jetzt packt Spiridon den Turbo
aus. Bei Kilometer 37 hängt er den führenden Australier
Flack ab und trabt leichten Schrittes ins Stadion, wo er
an der Seite von Kronprinz Konstantin die letzten Meter
bis zum Ziel zurücklegt.
Merke: Ein geregelter
Flüssigkeits-Haushalt ist beim Marathon essentiell.
Daumen raus
Besser gut gefahren als schlecht
gelaufen, denkt sich US-Läufer Fred Lorz beim
olympischen Marathon 1904 in St. Louis. Von Krämpfen
geplagt, klettert er bei Kilometer 14 in ein
Begleitfahrzeug und lässt sich an die Spitze
kutschieren. 20 Kilometer wiederholt er die Übung. Im
Stadion wird Lorz als Sieger gefeiert, bis der Trick
auffliegt: Sperre auf Lebenszeit. Stattdessen wird
Thomas Hicks (29) zum Gewinner erklärt. Doch auch mit
seinem Lauf hat es eine besondere Bewandtnis: Zehn
Kilometer vor dem Ziel steht Hicks vor dem Kollaps. Sein
Betreuer frischt ihn mit einem Energy-Drink der
besonderen Art auf: Brandy, zwei Eier und etwas
Strychnin ...
Tipp: Gute Verpflegung ist ein Muss! Wir
würden aber eher Müsliriegel und Bananen empfehlen.
Drama eines Läufers
Erstmals geht es am 24. Juli 1908 in
London auf eine 42,195-Kilometer-Strecke - was der
Distanz von Schloss Windsor bis zur königlichen Loge im
Wembley-Stadion entspricht. Die Favoriten kommen aus
Nordamerika, der zierliche Italiener Dorando Pietri gilt
eher als Mitläufer. Doch der kleine Läufer wächst über
sich hinaus. Völlig entkräftet läuft Pietri nach
zweidreiviertel Stunden ins Stadion ein und bricht auf
den letzten 350 Metern fünfmal zusammen - das letzte Mal
zehn Meter vor dem Ziel! Helfer schieben ihn mit sanfter
Gewalt über die Ziellinie. Doch nach Einspruch der
Amerikaner wird der Italiener disqualifiziert.
Immerhin: Für seinen heroischen Kampf
erhält der vielleicht berühmteste Nicht-Gewinner der
Leichtathletik einen Goldpokal - mit Widmung von der
Queen.
Bitte beachten: Von Schiebung ist unter
allen Umständen abzuraten.
Mit fremden Federn
Vielerlei Kuriositäten ereignen sich in
den folgenden Jahrzehnten: 1912 wird der japanische
Läufer Shizo Kanakuri vermisst gemeldet - dabei hatte er
nur in einem Haus am Wegesrand gründlich ausgeschlafen.
Es gibt barfüßige Champions wie den Äthiopier Abebe
Bikila (Olympiasieger 1960 in Rom). 1972 beim
olympischen Marathon mogelt sich der 22-jährige Student
Norbert Südhaus ins Stadion und wird von Tausenden als
vermeintlicher Sieger bejubelt. Der eigentliche Gewinner
Frank Shorter muss sich wenig später mit artigem Applaus
begnügen.
Moral: Es ist nicht alles Gold, was
rennt.
(Quelle: WAZ 26.03.2004)
Weitere Links:
RP vom 19.07.2004: Erster Marathon früher als bisher
angenommen
RTL-Sendung EXTRA vom 30.08.2004: Kann jeder einen Marathon schaffen?
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